Von Bewerbungen und Balkonmomenten auf Zypern
Wie ich zwischen Jobportalen und Sonnenuntergängen nach einer neuen Perspektive suche
Ich sitze am Flughafen und warte gerade auf meinen Rückflug nach München. Vor mir: das Rollfeld, dahinter das Meer. Es glitzert im Sonnenlicht. Flugzeuge starten und landen im Minutentakt, während ich einen viel zu wässrigen Kaffee trinke, das Treiben um mich herum beobachte und diese Zeilen schreibe. Ich liebe Flughäfen, besonders die am Meer. Dieser Moment, wenn du landest und sofort die salzige Luft in der Nase und ein Gefühl von Leichtigkeit im Herzen hast… das macht einfach was mit mir.
Ich muss schmunzeln. Über die letzten Tage, die sich angefühlt haben wie ein kräftiger Windstoß, der einmal durchs Zimmer fegt und alles durcheinander wirbelt. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich so einiges verändert. Nicht nur, dass ich bei einem Spaziergang am Strand einem sehr besonderen Menschen begegnet bin. Sondern auch, weil ich ein paar Antworten auf quälende Fragen gefunden habe. Nicht auf Jobportalen, nicht in Berufsratgebern und auch nicht bei ChatGPT, sondern in den wohl unerwartetsten Ecken: bei einem Schamanen in einem Souvenirgeschäft und in einem kleinen Buchladen in der verwinkelten Altstadt von Paphos. Aber dazu... erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.
Zwischen Bewerbungen und dem Gefühl, sich im Kreis zu drehen
Die letzten Wochen waren ein mentaler Marathon – ohne klares Ziel, barfuß und auf Kopfsteinpflaster. Viele Tage verbrachte ich damit, mich bewaffnet mit Koffein und einem Excelsheet durch endlose Stellenausschreibungen zu klicken. Mein Fokus: Remote Jobs. Ich bewarb mich als Copywriter, Projektmanager und Marketer. Unter anderem bei einer hippen PR-Agentur in Berlin, einer NGO für Frauenrechte und einem semi-seriösen Startup in Dubai. Lebenslauf auf Hochglanz, Anschreiben mit ganz viel Herz. Und dann? Unbefriedigende Gespräche, zwei Wochen Funkstille, Standardabsagen – oder am schlimmsten: Ghosting.
Gleichzeitig verlor ich mich in stundenlangen Recherchen über Remote Work im europäischen Ausland. Krankenversicherung, Sozialabgaben, Steuerpflicht – schon die Begriffe verursachten mir Kopfzerbrechen. Die Vorstellung, in Deutschland gemeldet zu bleiben, ein klassisches Angestelltenverhältnis, nach Feierabend die Welt entdecken – sie bietet Halt. Sicherheit. Einen Anker inmitten dieses offenen Ozeans aus „Was will ich wirklich?“ und „Wo will ich eigentlich hin?“
Wenn das Herz lauter ist als der Lebenslauf
Während der ersten Bewerbungsgespräche spürte ich: Da fehlt etwas. Eine leise, aber hartnäckige Stimme in mir stellte immer wieder dieselbe Frage: Will ich meine Zeit wirklich weiterhin damit verbringen, Produkte und Services zu bewerben, die ich selbst niemals kaufen würde? Nur um KPIs zu erfüllen, Präsentationen zu basteln und am Ende kurzlebigen Applaus für besonders kreative Wortwitze zu bekommen?
Ich erinnerte mich an einen Satz aus einer Vorlesung während des Studiums, er ist mir nie aus dem Kopf gegangen: „Gutes Marketing ist altruistisch.“ Ich habe damals genickt und ihn abgespeichert, weil er logisch klang. Heute spüre ich: Ich will langfristig etwas schaffen, das nicht nur bezahlt wird, sondern auch etwas bedeutet.
Und so klopfte ein altbekannter Gedanke wieder an: Wirtschaftspsychologie. HR. Recruiting. Menschen dabei unterstützen, ihren Platz zu finden. Sie auf ihrer ganz eigenen Reise zu verstehen, zu begleiten und zu motivieren. Ich kramte meine alten Bewerbungen aus dem letzten Jahr hervor und dachte: Warum nicht nochmal probieren? Warum nicht genau dort ansetzen, wo sich Sinnhaftigkeit und meine Stärken treffen? Organisation, Kommunikation, Empathie – das sind doch keine Buzzwords, das bin ich.
Mut, der sich im Miteinander zeigt
Was ich bei früheren Soloreisen schon oft erleben durfte: Manchmal, wenn man glaubt, allein im Sturm zu stehen, schickt das Leben genau die richtigen Menschen vorbei. Vor ein paar Wochen passierte genau das: Inmitten einiger Auseinandersetzungen – dieser zermürbenden Geschichte, die ich am liebsten vergessen würde – kam ich in Kontakt mit zwei ehemaligen Kolleginnen. Beide hatten in der Zwischenzeit genau das getan, wovon ich in der Vergangenheit hin und wieder geträumt, aber wozu ich bisher nie ernsthaft die Courage gefunden hatte: Sie hatten sich selbstständig gemacht. Ohne Netz, ohne doppelten Boden – dafür mit einer Menge Mut, einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen und dem Willen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Wir sprachen stundenlang. Sie erzählten von Projekten, von kreativen Höhen und administrativen Tiefen. Von Freiheit und Verantwortung. Von Zweifeln und Stolz. Ihr Alltag: bunt, beweglich – das Gegenteil den dem Hamsterrad, in dem ich mich drehte.
Ich saß da, hörte zu, stellte Fragen und spürte mit jedem Satz, wie in mir etwas zu kribbeln begann. Da war dieser kleine Funken, der erst zaghaft aufflammte, aber in den darauffolgenden Tagen nicht mehr erlosch. Ich fand es unglaublich inspirierend zu sehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen, wie sie voneinander lernen, sich empowern, statt zu konkurrieren. Junge Frauen, die füreinander da sind, die einander groß machen, anstatt sich gegenseitig klein zu reden.
Zu diesem Zeitpunkt, während ich meine Bewerbungen schrieb, war es noch ein Gedanke, den ich bewundernd von außen betrachtete. Aber rückblickend merke ich: Dieser Moment hat etwas in mir angestoßen. Vielleicht, dachte ich zum ersten Mal wirklich ernsthaft... vielleicht könnte ich das irgendwann auch.
Wo das Meer flüstert: Du darfst neu beginnen
Der Druck wuchs. Jobabsagen. Ungewissheit. Der Gedanke: „Was passiert, wenn ich mich arbeitslos melden muss?“ Ich setzte mich unter Strom. Jede Bewerbung musste perfekt sein, jeder Tag effizient. Wenn nicht – Frust. Selbstzweifel. Dystopisches Kopfkino. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich wollte weg. Raus aus dieser selbst gebauten Stressfalle. Also packte ich kurzerhand meinen Rucksack und buchte einen Flug nach Zypern.
Ich hatte zuvor bei meinen Recherchen gelesen, dass die östlichste Insel Europas ein Hotspot für digitale Nomaden sei. Sonne satt, stabile Infrastruktur, attraktive Steuerpolitik – und vor allem: das Meer. Ich stellte mir vor, wie ich morgens am Laptop sitzen, zwischendurch einen Frappe trinken und abends bei Sonnenuntergang spazieren gehen würde. Und tatsächlich: Schon beim Anflug auf Larnaca spürte ich, wie mein Herz leichter wurde. Die Sonne auf meiner Haut fühlte sich an wie eine warme Umarmung. Die engen Gassen, der Geruch von salziger Luft und gegrilltem Halloumi – ich konnte endlich wieder durchatmen.
An einem dieser Abende saß ich auf dem Balkon meines Apartments, die Aussicht auf diese wunderschöne, alte Kirche vor mir, strahlend in goldenem Licht. Mein Gedankenkarussell stand still. Keine To-Do-Listen, keine Sorgen, kein Grübeln. Stattdessen griff ich zum Handy und schrieb einfach drauflos. Meine Gedanken, meine Zweifel, meine Hoffnungen. Ich veröffentlichte all meine Empfindungen auf Instagram – ungefiltert, roh, ehrlich. Was dann passierte, hatte ich nicht erwartet: meine Inbox explodierte. Nachrichten von Fremden und Freunden, die mir schrieben: „Mir geht’s genauso.“ „Danke, dass du das teilst.“ „Du sprichst mir aus der Seele.“ Menschen, die mich ermutigten, die selbst von ihren Umbrüchen erzählten, von Mut und Angst und Neuanfang.
Der Moment, in dem sich mein Blickwinkel änderte
Eine gute Freundin aus Studienzeiten rief mich noch an diesem Abend an. Wir redeten über eine Stunde lang, ich schüttete ihr mein Herz über all die Geschehnisse der letzten Monate aus. Wir lachten (im Sinne des Galgenhumors), grübelten und philosophierten. Und sie stellte mir Fragen, die ich mir selbst nicht zu stellen getraut hatte. Fragen, die vielleicht der Startschuss für all das sein könnten, was in der Zukunft nun auf mich wartet. Was nun für mich ansteht? Tja, das erzähle ich dir in meinem nächsten Artikel.
Wenn du wissen willst, welche Türen ich aufstoßen werde, folge mir gern auf Instagram und werde benachrichtigt. Ich freue mich, wenn du mitliest :)